Eine Geburt ist keine Entbindung

Wenn eine Frau davon spricht, wann und wo sie „entbinden“ will, bekomme ich regelmäßig Gänsehaut. Inhaltlich bedeutet „Geburt“ und „Entbindung“ natürlich das gleiche. Aber mit dem Wort „Entbindung“ kommen so viele Assoziationen, die wir uns einmal näher anschauen sollten.

Warum ich nie von „entbinden“ spreche

Ist dir schon einmal aufgefallen, was es für komische Begriffe und irreführende Wörter gibt? Manchmal können wir mit unserer Sprache tatsächlich sehr gut ausdrücken, was wir meinen („denkwürdig“ zum Beispiel – ein wunderschönes Wort: würdig, daran zu denken!). Aber manchmal liegen sie auch voll daneben (wie etwa: „Work-Life-Balance“: Ist Arbeit also nicht Leben?!)!

Im Zusammenhang mit der Geburt häufen sich solche Irrwörter regelrecht. Vielleicht hast du auch schon davon gehört, dass man in der positiven Geburtsvorbereitung von „Welle“ statt „Wehe“ spricht. Damit wollen wir verhindern, dass du gedanklich Geburt und jede „Welle“ automatisch mit Schmerz und Leid verknüpfst. Somit wirst du viel positiver an die Geburt herangehen.

Aber zurück zum Thema: „Entbindung“ – auch so ein Sprachfehler, aber ein wenig beachteter!

Was das Wort „Entbindung“ bedeutet

Das Wort Entbindung bringt im Vergleich zu dem Wort Geburt eine sehr negative Verknüpfung mit sich: Es klingt, als ob die Verbindung von Mama und Baby getrennt würde. Als ob mit dem Durchtrennen der Nabelschnur auch die Verbindung der beiden zerstört würde.

Also vorher waren die beiden verbunden, nach der Geburt sind sie es nicht mehr?!

Jede Mutter, die du fragst, wird dir das Gegenteil bestätigen! Nach der Geburt beginnt der Prozess der Bindung erst richtig intensiv zu werden! Endlich darf man sein Baby sehen, riechen, stillen, kuscheln – Dinge, auf die sich wohl jede Schwangere monatelang freut.

Ja, natürlich – auch bereits in der Schwangerschaft beginnt sich die Bindung zwischen Mutter und Kind aufzubauen. Es kann schon wundervolle Kommunikation zwischen den beiden geben. Trotzdem wirst du mir wahrscheinlich zustimmen: Mit der Geburt wird diese Verbindung nicht getrennt, sondern von Tag zu Tag intensiver!

Da kann man noch einen draufsetzen

„Ich wurde im Krankenhaus entbunden.“ – Puh, wenn ich den Satz höre, rollen sich mir die Fußnägel hoch (nein, nicht wirklich 😉 nur im metaphorischen Sinne).

Vielleicht fällt es dir auch auf: Da hat die Frau ihre Verantwortung und ihren (riesengoßen!) Anteil an der Geburt an der Krankenhaustür abgegeben.

Egal, ob es eine Hausgeburt war oder ein Notkaiserschnitt, eine Geburt im Geburtshaus oder eine Geburt mit sehr vielen Eingriffen und Unterstützung von außen – ja selbst bei einem geplanten Kaiserschnitt: Geburt ist Geburt! Du bist die Mama! Du hast dein Kind geboren! Du wurdest NICHT entbunden!

Der Satz klingt, als ob jemand der Frau ihr Baby weggenommen hätte und nun – nach der Geburt – Mama und Kind völlig unabhängig voneinander seien.

Geburt ist Verbindung

Geburt ist Verbindung: Sie verbindet die Mama und das Baby. Geburt verbindet die Mama und den Papa (bzw. den zweiten Elternteil – natürlich kann das auch eine zweite Mama sein!). Sie verbindet den Papa (oder die zweite Mama) und das Baby. Geburt verbindet die Geschwister mit dem Baby!

Geburt verbindet euch als Familie, sie verbindet dich mit deiner Mama, Geburt verbindet Generationen.

Geburt verbindet alle Menschen miteinander, die dabei sein dürfen und davon erfahren dürfen, dass da ein neuer kleiner Mensch unter uns lebt!

Wir alle sind gerührt und unglaublich erfreut, wenn wir von der Geburt eines Babys erfahren.

Geburt verbindet. Und daher sollte sie eher Ver-Bindung statt Ent-Bindung genannt werden!

Ist es nicht egal, ob man „Entbindung“ oder „Geburt“ sagt?

Sprache ist Macht! Es ist tatsächlich sehr wichtig, welche Worte du benutzt. Du programmierst damit dein Unterbewusstsein darauf, wie du denkst, fühlst und schließlich handelst. Wie du also lebst!


Deine Sprache beeinflusst zuerst einmal, wie du denkst.

Ein Beispiel: Wenn ich sage: „Eis schmeckt lecker.“, dann denkst du automatisch an Eis. Vielleicht erinnerst du dich an das letzte leckere Eis, das du gegessen hast.

Wenn du daran denkst, entstehen automatisch Gefühle und Empfindungen in deinem Körper: Vielleicht spürst du Appetit auf Eis. Oder du empfindest Freude bei der Erinnerung an deinen letzten gemütlichen Nachmittag in der Sonne mit einem Eis.

Und diese Gefühle beeinflussen schließlich deinen Körper und deine Handlungen.

Na, spürst du, wie dein Mund wässrig wird? 😉 Es würde mich nicht wundern, wenn es nicht mehr lange hin ist bis zu deinem nächsten Eis!

Lass es dir gut schmecken und denk dabei daran: Geburt ist Verbindung!

Wie stehst du dazu? Welche Begriffe verfehlen deiner Meinung nach ihre Bedeutung total und welche treffen den Nagel auf den Kopf?

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