Nach einer schweren Geburtserfahrung fragen sich viele Frauen: War das ein Trauma? Man hört ja heutzutage immer wieder von dem berüchtigten Geburtstrauma.
Ja, es lief schlecht – aber gleich ein Trauma?!
Machen wir uns einmal auf die Suche nach der Antwort auf diese Frage!
Was ist überhaupt ein Geburtstrauma?
Ein Trauma ist grob gesagt erst einmal eine Verletzung deiner Seele.
Du hast etwas Beängstigendes erlebt, etwas wobei dir körperliche oder psychische Gewalt angetan wurde. Und diese Gewalt, die du erlebt hast, beeinträchtigt deine Seele noch immer.
So weit so tragisch.
Was macht das Trauma mit dir?
Zuerst einmal ist wichtig, zu unterscheiden: Es gibt eine traumatische Geburt auf der einen Seite und deine Reaktion auf der anderen Seite. (Wenn du eher ein visueller Typ bist, schau mal in die Abbildung unten, da hast du das noch mal vor Augen!)
Es ist eigentlich ganz einfach: Wenn du deine Geburt traumatisch erlebt hast, kann es sein, dass du sie gut verarbeiten konntest. Entweder, weil dir jemand dabei geholfen hat oder weil dein Körper das ganz alleine bewältigen konnte. (Wir Psychologen sprechen dann von Resilienz – also der Fähigkeit, große Belastungen gut wegstecken zu können. Dazu werde ich wohl in den nächsten Wochen noch einen eigenen Blogbeitrag schreiben, sonst wird die Klammer hier zu lang…)
Auf der anderen Seite kann es auch sein, dass es dir nicht gelingt, die Erfahrung alleine zu verarbeiten. Was absolut keine Schande ist – schließlich war es eine sehr beängstigende Verletzung deiner Seele. Auch seelische Narben brauchen manchmal Unterstützung bei der Wundheilung!
Bedeutet das jetzt, dass du psychisch krank bist?
Geburtstrauma ≠ Posttraumatische Belastungsstörung
Wer eine traumatische Geburt erlebt, hat nicht direkt in der Folge eine sogenannte Traumafolgestörung, wie zum Beispiel die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Sehr oft werden die Begriffe vermischt und Leute sprechen gleichermaßen über Trauma, PTBS (übrigens das gleiche wie PTSD – Posttraumatic Stress Disorder, falls du das mal lesen solltest!), psychische Störung, schwere Geburt, …
Dass du wirklich psychotherapeutische Unterstützung brauchst und vielleicht unter einer PTBS leiden könntest, erkennst du, wenn du Folgendes bei dir beobachten kannst:
- Ständig musst du an die Geburt denken (manchmal kommt sie auch in Träumen wieder) oder du hast das Gefühl, plötzlich wieder mitten in der Geburt zu sein.
- Alles, was dich an die Geburt erinnert, vermeidest du (seien es Gespräche darüber, der Geburtsort, die Kleidung am Tag der Geburt oder ähnliches).
- Seit der Geburt bemerkst du, dass sich deine Stimmung verschlechtert hat und du dich kaum noch auf etwas konzentrieren kannst. Du hast wenig Antrieb, etwas zu unternehmen oder dich für etwas zu begeistern.
- Du fühlst dich ständig unruhig oder sehr angespannt. Wenn dich jemand erschreckt, verstehst du keinen Spaß.
Solltest du dich in diesen vier Punkten wiedererkennen, dann bitte hole dir psychotherapeutische Unterstützung. Vielleicht weißt du schon, wohin du dich wenden möchtest. Falls nicht, dann schau mal bitte hier: https://www.psychotherapiesuche.de/pid/search
Wenn die Punkte 1-4 aber nicht so ganz zu dir passen (oder nur teilweise), dann kannst du davon ausgehen, dass du wahrscheinlich keine Traumafolgestörung davongetragen hast. Das heißt allerdings nicht, dass du nicht leidest. (Auch das erkennst du gut in der Abbildung!)
Welche Erlebnisse bei der Geburt sind denn traumatisch?
Fehlt dir noch eine Bestätigung, ob dein Erlebnis schlimm genug war, um es als Geburtstrauma zu bezeichnen?
Liebes – wenn es schlimm für dich war, dann war es schlimm für dich! Du brauchst nicht meine Erlaubnis oder die Erlaubnis eines Arztes, um dir dein Leid eingestehen zu dürfen!
Trotzdem habe ich hier noch eine Liste für dich. Wenn du dich darin wiederfindest, kannst du davon ausgehen, dass es sich lohnt, dein Erlebnis einmal aufzuarbeiten:
- Du hast noch immer einen bestimmten Satz im Kopf, den die Hebamme zu dir gesagt hat. Diese Verletzung ist immer noch da.
- Es lief anders, als du es erwartet hättest. Diese Veränderung hat dich in der Situation der Geburt überfordert und du hattest das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder abzugeben.
- Während der Geburt hat jemand deine körperlichen Grenzen überschritten. Das kann eine Berührung gewesen sein, die du so nicht wolltest, eine Untersuchung oder auch eine Intervention. Jedenfalls hat es dir zugesetzt.
- Dein Baby wurde während oder nach der Geburt verletzt oder unsanft behandelt.
War es nun ein Geburtstrauma?
Beantworte für dich einmal folgende zwei Fragen:
- Hast du dich bedroht gefühlt?
- Hattest du Angst, es einfach nicht aushalten zu können (oder sogar zu sterben)?
Wenn du beide Fragen mit „Ja“ beantwortet hast, dann kannst du davon ausgehen, dass deine Geburtserfahrung traumatisch für dich war und man somit von einem Geburtstrauma sprechen kann.
Jetzt weißt du ja auch, dass das nicht unbedingt bedeutet, dass du an einer PTBS leidest. Sondern, dass deine Geburtserfahrung sehr belastend für dich war.
Was tun?
Wenn du nun denkst, dass du Unterstützung bei der seelischen Wundheilung brauchen kannst, dann hol dir welche! Es ist gar nicht schwer, Unterstützung zu finden.
Möglich, dass dir ein gemütlicher Abend mit deiner besten Freundin schon hilft, an dem du die ganze Geschichte einmal erzählen kannst.
Weil ich weiß, wie entlastend so ein Gespräch sein kann, biete auch ich dir ein professionelles Geburtsgespräch an und auch ein komplettes Programm zur Verarbeitung deiner Geburtserfahrung.
Mein Herzenswunsch ist es, dass Frauen von ihren Ängsten befreit werden – sowohl die Ängste vor als auch die nach der Geburt!
Und noch etwas…
Traumatisierungen durch eine Geburt betreffen im Übrigen nicht nur die Mamas. Auch geburtsbegleitendes Personal (also Hebammen, ÄrztInnen, Doulas), Geburtsbegleiter (also oft die Papas) und natürlich auch die Babys können unter einem Geburtstrauma leiden. Ein spannendes und viel zu wenig beachtetes Thema. Ich werde mich dem widmen!
Du siehst: die Ideen sprühen! Hier erwarten dich immer wieder neue, spannende Blogartikel. Der nächste kommt schon in der nächsten Woche. Folge mir doch auf Instagram und Facebook, dann verpasst du keine Neuigkeiten!
Wie ist es bei dir? War es ein Trauma? Konntest du deine Geburt gut verarbeiten? Oder brauchst du doch noch Hilfe? Hinterlass mir doch gern einen Kommentar – ich freue mich über deine Rückmeldung!